Geschichte der Wietzendorfer Höfe

Eigentlich dürfte es in keinem Wietzendorfer Bücherschrank fehlen. Doch auch jenen, die nicht unbedingt in der Gemeinde mit ihren Dörfern verwurzelt sind, gewährt es einen interessanten Einblick in das ländliche Leben vergangener Zeiten. Das Buch „Geschichte der Wietzendorfer Höfe“, das Gustav Isernhagen und Hinrich Eggers jetzt vorgelegt haben leistet vor allem eines: Es bewahrt altes Wissen, das sonst möglicherweise in wenigen Jahren verloren  gegangen wäre.

Mit 447 Seiten im Format 20 x 28 cm kommt der Band recht schwergewichtig daher. Das gilt nicht nur für seine äußere Erscheinung, sondern auch für sein Innenleben, denn das zeugt von intimer Kenntnis des Themas und vor allem von viel Arbeit. Mehr als zwei Jahre haben Gustav Isernhagen (Text) und Hinrich Eggers (Fotos) unterstützt durch Irmgard Höner und Wilhelm Wrogemann gebraucht, um ihr Wissen in Buchform zu gießen. Dies war auch nur möglich, weil Dorfchronist Hermann Gehle (1927 bis 2001) durch jahrzehnte lange Recherche und akribische Archivarbeit die wesentlichen Grundlagen dafür geliefert hatte.

74 Höfe in den Dörfern Bockel, Marbostel, Meinholz, Reddingen, Halmern, Reiningen, Suroide und Wietzendorf sind es, auf deren Geschichte sich Gustav Isernhagen und Hinrich Eggers konzentrieren. Dass sie dabei andere historische Entwicklungen bewusst vernachlässigen, hat seinen Grund: In der Chronik „Wietzendorf einst und jetzt“ aus dem Jahr 1992 hat Dr. Ulrike Begemann bereits einen gründlichen Abriss „Aus der Wietzendorfer Landwirtschaft“ gegeben, der nicht wiederholt werden müsste.

Geschichte der Wietzendorfer Höfe-VorderseiteGeschichte der Wietzendorfer Höfe-RückseiteSo liefern die Autoren, fachlich unterstützt von Diplomarchivarin und Sozialwissenschaftlerin Romy Meyer, einen tiefen Einblick in Entstehung und Entwicklung der Höfe, die schon seit Jahrhunderten bestehen und damit auch in die Familien, die dort zum Teil schon seit vielen Generationen leben. Dabei erfährt der Leser beispielsweise nicht nur Wissenswertes über die Bewirtschaftung der Höfe damals und heute, sondern etwa auch über die Stammbäume der Familien. Zudem findet sich Interessantes zu Eheverträgen und Altenteil-Regelungen. Ergänzt werden die ausführlichen Textbeiträge durch eine Vielzahl von Fotos – aktuelle, aber auch historische. Letztere geben ebenfalls einen Einblick in landwirtschaftliches Leben und Arbeiten, zumindest der vergangenen rund 100 Jahre. Eine sinnvolle und obendrein kurzweilige Ergänzung findet die Chronik der Höfe im Kapitel „Sitte und Brauchtum in den Dörfern an Wietze und Aue“ und auch die heutige Landwirtschaft mit ihren Perspektiven kommt nicht zu kurz: Im Kaptiel „Landbund – Bauernverband – Landvolk – Landfrauen – Landjugend“ wird dieses Thema auf mehreren Seiten behandelt.

Warum es wichtig ist, neben der „großen Geschichte“, wie sie von Historikern erforscht und festgehalten wird auch in vergleichsweise kleine dörfliche Strukturen vorzudringen und ihre Entstehung und Entwicklung für die Nachwelt festzuhalten, macht Gustav Isernhagen in seinem Vorwort deutlich: „Vieles aus der Geschichte droht in Vergessenheit zu geraten und verlorenzugehen. Auch für unsere kleinräumige Gemeinde gilt, was wir von der großen in den letzten Jahrzehnten haben lernen müssen: wir können die Gegenwart nur verstehen und die Zukunft gestalten, wenn wir uns mit der Vergangenheit beschäftigen. Die Generation der Autoren hat die dargestellten 74 Höfe fast ausnahmslos noch in der Phase der aktiven Bewirtschaftung durch die Eigentümerfamilien erlebt. Unsere Großkinder werden das kaum noch für die Hälfte der Höfe sagen können. Daraus folgt für uns eine Verpflichtung“. Der werden die Autoren mehr als gerecht.

Die umfangreiche Chronik kann in Wietzendorf bei TOTO-Lotto-Schreibwaren Antje Delventhal, im Fellcenter Helmut Eggers in Klein Amerika, in den Soltauer Buchhandlungen Hornbostel und Schütte und bei der Missionsbuchhandlung Hermannsburg erworben werden.